Jede Menge Zukunft in der Michelangelo Hand

Foto: Luc Percival

 

„Wunderwerke erschaffen? Gibt’s jetzt als Beruf.“  Unter dieser Überschrift gibt Patrick Mayrhofer in der Wanderausstellung Green Up Your Future Einblicke in das Berufsbild Produkttrainer*in beim Orthopädietechnikspezialisten Ottobock. Gerade startet der österreichische Top-Snowboarder bei der Para-WM in Finnland. Wir sprachen mit ihm, kurz bevor die Wettkämpfe losgingen.

Patrick, Du hattest bei einem Stromunfall deine Hand verloren. Was bedeutet eine Prothese für Dich?

Patrick Mayrhofer: Die Prothese ersetzt für mich in erster Linie die Greiffunktionen meiner verlorengegangenen linken Hand. Da ich die Michelangelo Hand mit den gleichen Muskeln steuere wie früher meine gesunde Hand, kann ich die Prothese sehr gut bedienen und somit meinen Alltag uneingeschränkt und selbstbestimmt meistern.

Wie wirkt sich dies auf deine Lebensqualität aus?

Meine Prothese ist für mich mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden. Ich ziehe sie morgens an und abends aus. Sie begleitet mich so den ganzen Tag. Mit Prothese fühle ich mich körperlich nicht behindert.

Was kann die Michelangelo Hand alles?

Die Michelangelo Hand bietet eine Vielzahl von Greifmöglichkeiten. Diese im Alltag zu nutzen, muss anfangs gut trainiert werden. Nach einer Eingewöhnungszeit von ungefähr drei Monaten war bei mir fast alles wieder möglich wie vor dem Unfall. Ich muss lediglich bei Feuchtigkeit oder starkem Schmutz aufpassen. Schwimmen gehen kann ich mit der Prothese nicht.

Wie konntest Du als Nutzer und Produkttrainer bei Ottobock zur Entwicklung der Prothese beitragen?

Als ich 2011 mit der Michelangelo Hand versorgt wurde, war die Prothese technisch bereit nahezu ausgereift. Durch die Zusammenarbeit mit den Entwicklern haben wir ein letztes Finetuning an den Steuerungsprogrammen der Hand vorgenommen. Dem Orthopädietechniker stehen diese Programme nun in einer Software zur Verfügung. Er kann sie gegebenenfalls modifizieren und passend für den Prothesenträger in die Prothese übertragen.

Auch wenn du als einer der erfolgreichsten paralympischen Snowboarder aller Zeiten deine Wettkämpfe ohne Prothese bestreitest: Inwiefern hilft dir die Michelangelo Hand, erfolgreich in deinem Sport zu sein?

Es gibt zwei Gründe, warum ich am Snowboard keine Prothese trage: Zum einen besteht der  Prothesenschaft aus Carbon. Sollte dieser bei einem Sturz kaputt gehen, könnten die Carbonfasern ein großes Verletzungsrisiko für mich und andere darstellen. Zum anderen fühle ich mich ohne das Gewicht der Prothese schneller in meiner Reaktion am Snowboard.

Wofür brauchst du die Prothese in deinem Sport dann überhaupt?

Vor und nach einem Wettkampf ist die Prothese für mich unverzichtbar. Denn ich muss größtenteils meine Snowboards selbstständig präparieren und rennfertig machen. Dafür nutze ich aber nicht die Michelangelo Hand, sondern den AxonHook von Ottobock. Diese clevere Prothese erlaubt es mir, innerhalb von fünf Sekunden zwischen zwei Greifgeräten zu wechseln. Der AxonHook besteht aus zwei robusten Greifspitzen, die sehr präzise und kraftvoll zupacken können. Diese Funktionalität ist für mich zum Wachsen meines Snowboards oder zum Schleifen meiner Kanten mittlerweile unverzichtbar geworden.

In der Wanderausstellung Green up your Future ist Michelangelos Hand als Exponat zu erleben. Was hast du gedacht, als das Exponat eines Tages verschwunden war?

Dass jemand ein Ausstellungsexponat mitgehen lässt, ist natürlich in erster Linie strafbar, vor allem aber sehr schade für all jene, die dann dieses Exponat nie zu Gesicht bekommen.

Ottobock hat das gestohlene Exponat dann sehr schnell und unbürokratisch ersetzt. Wie findest du das?

Ich finde es klasse, dass die Firma das möglich gemacht hat. Denn das Exponat hat eine super Story für junge Menschen in der Berufsorientierung zu erzählen. Zum Beispiel, dass es eine Vielzahl von Personen mit unterschiedlichen Berufen benötigt, um eine Hightech-Prothese wie die Michelangelo Hand zu entwickeln und so Menschen in ihrem Alltag eine nicht zu unterschätzende Hilfe zu geben. Schlussendlich die Hand bei der Ausstellung auch einmal in Action zu sehen, soll junge Menschen dazu motivieren, sich für einen der vielfältigen Berufe in der Medizintechnik zu entscheiden. Denn darin steckt jede Menge Zukunft.

Apropos gute Zukunft: Wenn du drei Wünsche frei hättest …

… wären meine Prioritäten klar:

  1. Gesund bleiben.
  2. Weiterhin so viel Spaß im Beruf haben.
  3. Sportlich erfolgreich zu bleiben.

 

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Deine Wettkämpfe!