„Lerne von den Profis. Die Natur Macht’s dir vor.“
Algen, Seepocken und Muscheln klingen harmlos. Sie zählen aber zu den größten Problemen der Seeschifffahrt. Denn sie bewachsen Schiffsrümpfe und sorgen für größeren Strömungswiderstand und eine rasante Erhöhung des Treibstoffverbrauchs. Stefanie hat ein Mittel dagegen. Ausgerechnet der Hai – einer der gefährlichsten Räuber der Erde – hilft ihr im Bionik-Studium bei der Rettung der Natur.
Dem Hai auf den Zahn gefühlt
Einfach nicht aufhören, neugierig zu sein
An der Hochschule in Bremen hatte Professorin Antonia Kesel vor über zehn Jahren den ersten Studiengang Bionik gestartet: als Schnittstelle zwischen verschiedensten Natur- und Technikwissenschaften. „Bioniker*innen können nicht alles können. Entscheidend ist die Neugier und die Lust auf Kommunikation zwischen den Disziplinen“, sagt die Professorin. „Dann können wir Großes bewegen.“
„Traut euch die Rolle als Schnittstelle zwischen mehreren Disziplinen zu!“
Hai-Noon im Forschungslabor
Mehr im Meer
Meerwasser ist das pralle Leben. Stefanie hat die Probe aufs Exempel gemacht. Taucht sie eine Fläche ins Nass ein, bildet sich innerhalb von nur einer Stunde ein dünner Film mit Mikroorganismen darauf. Nach nur einer Woche haben es sich bereits die ersten Algen und Seepocken bequem gemacht. Sie können innerhalb weniger Wochen zu einem zentimeterdicken Besatz anwachsen. Für Schiffe heißt es dann: volle Fahrt mit angezogener Handbremse. Dem ist dann nur noch mit Gewalt oder Gift beizukommen.
Kleines Putzwunder
„Solange es bessere Lösungen aus der Natur gibt, lohnt es sich, danach zu forschen.“
Der von Stefanie maßgeblich mitentwickelte giftfreie Antifouling-Anstrich nach dem Vorbild der Haihaut kann für riesige Emissions- und damit Kostenersparnis sorgen – und gleichzeitig die bisher als Antifouling-Anstrich eingesetzten umweltschädigenden Zinn- und Kupferverbindungen überflüssig machen. Solange diese aber noch kostengünstiger sind und der Gesetzgeber nichts dagegen unternimmt, tut sich die künstliche Haihaut noch schwer mit dem Umwelt- und Gewässerschutz. „Wir sind damit unserer Zeit wohl zehn Jahre voraus“, meint Professorin Antonia Kesel. „Aber die Haihaut wird kommen. Hoffentlich eher früher als später.“
Der Natur hinterher
Im Laufe von 3,8 Milliarden Jahren biologischer Evolution hat die Natur eindrucksvoll vorgemacht, wie effiziente und ressourcenschonende Entwicklung vonstattengeht. Anders als in der Technik sind die Lebewesen, die die Evolution hervorgebracht hat, immer multifunktional. Wenn es gelingt, entsprechende technische Lösungen ähnlich komplex wie in der Natur umzusetzen, kann die Bionik spannende Potenziale für Neuerungen schaffen, die von großem Nutzen sind.
Sehen und Verstehen
„Bioniker*innen werden von Unternehmen meist nicht mit Anzeigen in der Zeitung gesucht. Wenn sie aber mal da sind, will man sie nicht mehr missen.“
Die bionische Haihaut im Detail
Stalking unter Wasser
Es sind vor allem die Seepocken, die der Schifffahrt das Leben schwer machen. Diese Krebsart neigt zur Sesshaftigkeit und krallt sich mit einer Art natürlichem Zwei-Komponenten-Kleber sehr gerne an Schiffsrümpfen fest. Sie wachsen dort zu betonharten und scharfkantigen Kolonien heran und lassen stark bremsende Strömungswirbel entstehen. Bioniker*innen gestalten die Schiffsoberflächen deswegen so, dass sich die Pocken gar nicht erst ankleben können.